Sonntag, 12. Dezember 2010

Das Dunkel - Die Karte

Wieder stehe ich an der Schwelle meiner Haustür, mich fragend wohin mich der eisige Weg vor mir diesmal leiten wird. Umgeben von Schneeflocken deren Kristalle in der Morgensonne glitzern setze ich einen Fuß vor den anderen. Von allen Seiten kommen Geräusche die ich nicht zuordnen kann und eigentlich auch nicht zuordnen möchte.

Ich stehe einfach kurz da und blicke in den Himmel. Eine Dunkelheit umgibt mich, fern ab von all den Lasten, die Geräusche verstummen - Eiskristalle werden zu schwarzen Flocken, wie Kohle und schwarze Asche ziehen sie an mir vorbei, eine Welle aus schwarzem dunklen Wasser kommt auf mich zu wie Tinte, welche man in ein Wasserglas gibt, nur ist sie dunkler als jedes Dunkel das ich bis Heute schon gesehen habe. Schwärze umgibt mich und ein lauter Knall ertönt.

Ich öffne meine Augen, in meiner Brusttasche des Hemdes befindet sich eine Karte. Ich muss in Ohnmacht gefallen sein. Auf dieser Karte, gleich einer Visitenkarte steht ein Name. Ein Name den ich vorher noch nie gehört habe und welcher zu einer Person gehört von der ich meine, sie noch nie gesehen zu haben, auf ihr steht: "Diana Jacobus Dark, in der Dunkelgasse 23"

Weder diese Straße noch diesen Ort kenne ich, ich frage mich ob ich wieder träume, liege ich noch oben in meinem Bett? Bin ich aufgestanden oder noch im Schlaf? Aber ich kenne den Weg, ich weiß wie ich laufen muss aber... - weder Straße noch Person sagen mir etwas, sie sagte er sieht dich, diese eine Gestalt auf meinem Bett. Ist es sie, hat sie mir die Karte zugesteckt? Ich weiß das ich diesen Weg gehen muss ob ich das will oder nicht, es ist mein Schicksal ich fühle es.

Ich mache mich auf den Weg...

Samstag, 6. November 2010

Eine Geschichte über das Herz

Eines Tages stand ein junger Mann mitten in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz im ganzen Tal habe. Eine große Menschenmenge versammelte sich, und sie alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm Recht, es war wirklich das schönste Herz, das sie je gesehen hatten. Der junge Mann war sehr stolz und prahlte noch lauter über sein schönes Herz.

Plötzlich tauchte ein alter Mann vor der Menge auf und sagte: "Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so schön, wie meines." Die Menschenmenge und der junge Mann schauten das Herz des alten Mannes an.
Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig, und es gab einige ausgefranste Ecken.... Genau gesagt, an einigen Stellen waren tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten. Die Leute starrten ihn an: wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie?

Der junge Mann schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte: "Du musst scherzen", sagte er, "dein Herz mit meinem zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen."

"Ja", sagte der alte Mann, deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen. Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen, und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten. Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt manchmal auch ein Risiko einzugehen. Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde... und ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?"

Der junge Mann stand still da und Tränen rannen über seine Wangen.
Er ging auf den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm das Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit
die Wunde in des jungen Mannes Herzen. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte.
Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen.

Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite.

Autor: Unbekannt. Quelle VGLvD

Montag, 25. Oktober 2010

Der Esel der Reliquien trug

Ein Esel, der Reliquien trug,
War dumm genug,
Zu glauben, dass man ihn verehre;
Weihrauch und Lobgesänge nahm
Er hin, als ob man´s ihm beschere.
Sprach einer, der dahinter kam:
"Herr Langohr, lasst die Eitelkeit,
Sie zeigt uns nur, wie dumm ihr seid.
Wir singen nicht zu eurem Ruhm,
Wir ehren hier das Heiligtum."

Dumme Beamte tut mir leid:
Man grüsst nicht sie, man grüsst das Kleid.

(La Fontaine 1621 - 1695)

Dienstag, 19. Oktober 2010

Das Dunkel

Das Erwachen

So ist es Frank, ich sehe dich – jeden deiner Schritte, jede deiner Bewegungen und doch kann ich dich nicht erreichen. Ich versuche zwischen den Welten zu reißen wie ein Boot welches in einem Sturm nur auf den einen Brecher wartet der mich zu dir in deine Welt bringt. Doch dieses Warten macht mich wahnsinnig und es wird auch dich wahnsinnig machen, ich fühle es. Dein Reich, deine Welt an mich zu nehmen, ist der einzige Weg diesem Wahnsinn zu entgehen. Du gehst weiter deiner Arbeit nach, Lebst, Isst und Schläfst ohne zu Wissen wer, oder sollte ich sagen, was du wirklich bist. Doch die Dunkelheit und der Wahnsinn werden immer mehr Platz in deinem Verstand einnehmen bis der Brecher kommt und ich wandern kann zwischen den Welten.

Im Dunkel ist alles anders, du weißt es, du träumst es und ab und zu fühlst du es. Die Träume welche dich plagen, die Visionen welche dich an dein Bett fesseln, obwohl du die Augen auf hast siehst du sie wie in einem Traum doch es erscheint dir so Real, obwohl deine Augen geschlossen sind fühlst du jeden Schmerz, riechst jeden Geruch und spürst jedes Gefühl. Wüsstest du doch nur, das all dies Real ist, dass du all dies, kontrollierbar ist – doch du weißt es nicht. Nicht einmal wenn Sie dir erscheint, du nimmst sie nicht wahr, ein Geist deiner Vergangenheit, eine Reflektion deiner Träume, ein Wesen aus der Dunkelheit, geschaffen aus dem Licht deines Verstandes, dem Anker in meinem Sturm.

Ja Frank, sie hat Recht – ich sehe dich. Doch noch ist es mir nicht erlaubt zwischen diesen Welten zu wechseln, noch bin ich gefangen in einem Sturm unvorstellbaren Ausmaßes, Wellen aus Dunkelheit die über mir hinein brechen, doch diese eine große Welle ist noch nicht da, aber sie wird kommen - und dein wird mein sein.

Sicher wirst du dich Fragen, lieber Frank: „Wieso ich?“ Die Antwort wirst du noch erkennen, noch läuft dein Leben wie jedes einzelne Leben der Menschen in deiner Welt ab, du gehst deinen vorbestimmten Weg wie die Arbeiter der Ameisen, nichts ahnend von dem was kommen wird – nichts Ahnend von dem was schon war.

Dein Erwachen wird meine Welle sein, mein Brecher – welcher mir die Pforte öffnet um bei dir zu herrschen.

Fortsetzung folgt..

Donnerstag, 12. August 2010

Das Dunkel

Das Zimmer

Aus irgendeinem Grund, aus irgendeiner Ahnung heraus wusste ich, dass dieser Weg nicht der letzte sein wird den ich zu gehen habe. völlige Dunkelheit umgibt mich – tick, tack, tick, tack...

„And I find it kind of funny
I find it kind of sad
The dreams in which I'm dying
Are the best I've ever had
I find it hard to tell you
I find it hard to take
When people run in circles it's a very, very
Mad world
Mad world.... „

Ja, verrückte Welt, dieser Song. Keiner kann wirklich sagen was in dieser dunklen Welt vor sich geht. Mich zumindest hat der Radio Wecker aus diesem Traum gerissen. Dieser Traum, diese Träume, sie sind wiederkehrend und so real als wären sie „Die Realität“ und mein Leben ist der Traum. Aber ich erwache nicht aus meinem Leben, ich lege mich schlafen und Träume.

Ich strecke mich in meinem Bett, die Decke liegt Meilenweit von mir fern, so kommt es mir zumindest vor, und mein Schädel brummt. Ich sehe alles noch etwas verschwommen, aber das wird sich ändern so bald ich an der Bettkante sitze. Es ist ziemlich kalt dafür das wir Sommer haben, aber vielleicht liegt es auch daran, dass es einem nach dem aufwachen immer kälter vorkommt als es eigentlich ist. Ich setze mich auf, noch ein wenig schwindelig weil die Bewegung wohl zu hastig war, doch ich sitze. Meine Füße berühren den kalten Laminatboden, „verdammte Scheiße“, der ist wirklich kalt. Schon sechs Uhr Dreißig und noch immer dunkel dort draußen, aber ich werde es erstmal so hinnehmen. Ich schalte meine Nachttischlampe ein, ein hässliches Ding, weiß und ein Lampenschirm aus Omas guten Zeiten - mindestens dreißig Jahre alt, immerhin merkt man das nur anhand ihrer Form, für ihr alter ist sie noch ganz gut in Schuss und sie funktioniert, noch.

Etwas verwundert doch noch etwas in Trance stehe ich auf und sehe mich kurz um, alles an seinem Platz so weit ich das, so kurz nach dem aufwachen beurteilen kann. Der kleine Schlafraum kommt mir Morgens immer noch kleiner vor als er eigentlich schon ist. Vielleicht liegt es aber auch nur an der Weißstammpalme, welche auf einem kleinen braunen Schemel steht, direkt neben der hell braunen Holztür, die von meinem Schlafraum ins Bad führt. Aber eigentlich werden diese Pflanzen nicht so groß, ganz im Gegenteil es ist ja nur eine Zimmerpflanze.

So langsam wache ich auf, es mag nur eine Minute gedauert haben, aber mein Weg führt direkt zum Bad, vorbei an der Wand links von mir, an der ein schwarz-brauner Kleiderschrank steht, der in der Mitte einen Spiegel hat in dem ich mich kurz sehe. Ich bewege mich langsam auf die Tür zum Bad zu und dann plötzlich geht das Licht aus. „verdammter Mist! - dass gibt es doch nicht!“ „Mad World, mad World...“, ich taste mich langsam vorwärts, etwas kitzelt meine Hand, hier bin ich richtig, dass müssen die Blätter der kleinen Palme sein, noch ein Stückchen weiter, ich öffne die Tür zum Bad, fahre mit der Hand den Türrahmen links entlang bis hin zur Wand, streiche mit der Hand über das raue Material der Tapete bis ich den Schalter für das Licht im Bad finde, ich lege ihn um. Das Licht scheint aus dem Bad heraus in den kleinen Schlafraum.

Als ich mich umdrehe, sehe ich einen Schatten, meinen Schatten welcher mein komplettes Zimmer, mein Bett in eine dunkle und schwarze Silhouette hüllt und da war sie auf einmal, sie sitzt auf meinem Bett und sieht mich an, es ist die Frau aus meinem Traum – aber wie kann das sein und wieso ist sie in meiner Wohnung, in meinem Zimmer?

Träume ich etwa noch?

Sie sieht mich an und spricht drei klare einprägende Worte : „Er Sieht Dich!“

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 28. Juli 2010

Der Affe als Schiedsrichter

Ein Hund und ein Fuchs erblickten gleichzeitig eine schöne große Wurst, die jemand verloren hatte, und nachdem sie eine Weile unentschieden darum gekämpft hatten, kamen sie überein, mit der Beute zum klugen Affen zu gehen. Dessen Schiedsspruch sollte gültig sein.

Der Affe hörte die beiden Streitenden aufmerksam an. Dann fällte er mit gerunzelter Stirn das Urteil:

"Die Sachlage ist klar. Jedem von euch gehört genau die halbe Wurst!" Damit zerbrach der Affe die Wurst und legte die beiden Teile auf eine Waage. Das eine Stück war schwerer. Also biss er hier einen guten Happen ab. Nun wog er die Stücke von neuem. Da senkte sich die andere Schale; happ-schnapp, kürzte er auch diesen Teil. Wiederum prüfte er sie auf Gleichgewicht, und nun musste wieder die erste Hälfte ihr Opfer bringen. So mühte der Affe sich weiterhin, jedem sein Recht zu schaffen. Die Enden wurden immer kleiner und die Augen von Hund und Fuchs immer größer. Schließlich, rutsch-futsch! war der Rest hier und dort verschlungen.

Mit eingeklemmten Ruten schlichen Hund und Fuchs in verbissener Wut davon. In gehöriger Entfernung fielen sie übereinander her und zerzausten sich.

Ostasien / Korea Autor Unbekannt

Montag, 28. Juni 2010

Das Dunkel

Prolog II

Dunkelheit ist nicht nur ein Wort sondern auch ein Zustand, ein Gefühl, eine Tageszeit abhängige Anomalie. Das Dunkel umgibt einen in der Nacht, Gefühle können dunkel sein ebenso wie Straßen und Wege, ja sogar ganze Kontinente. Meist hilft es einem auf der Suche nach dem Licht im Dunkeln zu forschen, man muss tief graben. Es sind nicht nur dunkle Erinnerungen und Vorahnungen die einem vor dem geistigen Auge vorbeiziehen, es sind auch Lichtblicke, die einem das Dunkle in ein helles Licht rücken. Nachts ist es der Mond, der einem den Weg leuchtet, Tags ist es die Sonne, welche die Dunkelheit vertreibt. Bei mir sind es schöne und helle Gedanken die das Dunkel beseitigen, doch es ist stark, es ist verdammt stark.

Das dieser Weg in einem anderen Licht auch ganz anders aussehen würde hätte ich nicht gedacht, dass jenes ticken der Uhr in meinen Ohren so schnell wie es kam auch wieder verschwandt auch nicht. Ich erinnere mich noch daran als wäre es gestern gewesen, aber spielt Zeit überhaupt eine Rolle, sind das Dunkel und das Licht nicht schon ewig?

Keine Uhr. Keine junge Dame. Nur der Weg und ich. Ich selbst verstehe noch nicht wieso das ticken der Uhr in meinem Kopf war. War es vielleicht der alltägliche Stress, das gebunden sein an die Zeit und die Herrschaft der Menschen und ihrer Macht die sie über mich haben? Ich kann es nicht beantworten. Mir kommt dieser Weg ewig vor. Weder hinter mir noch vor mir sehe oder höre ich jemanden, eine Stille umgibt mich wie man sie sonst nur von sehr ruhigen Orten wie Friedhöfen kennt. Keine Tiere. Keine Menschen. Nur ein sich langsam rot färbender Himmel, keine Wolken, doch ein wenig Wind.

Auch wenn ich diesen gewohnten Weg schon öfter gelaufen bin, komme ich mir zeitlos vor. Weder vor mir noch hinter mir ist irgendetwas in Sicht. Nur noch der Weg. Ich blicke zum Horizont und sehe nur den Weg, wie ein Licht in der Dunkelheit, dass mir den Weg zum Ziel weist. Da gibt es doch dieses Sprichwort „Der Weg ist das Ziel“, ist mein Weg also das Ziel? Bis ich den Horizont erreicht habe dürfte es dunkel sein. Ein einziger Weg ohne einen Ausweg kann zu zu einem verhängnisvollen Ende führen, ich hoffe jedoch das dieses Ende mein Ende nicht beeinflussen wird.

Die Gedanken in meinem Kopf ziehen an meinem inneren Auge vorbei, ich schweife ab und vergesse mich auf mein Ziel zu konzentrieren, ich komme vom Weg ab ,nur einen kurzen Augenblick, doch dieser reicht aus um alles zu verändern.

Fortsetzung folgt...

Prolog I
http://alethia-veritas.blogspot.com/2010/06/das-dunkel.html

Mittwoch, 2. Juni 2010

Das Dunkel

Prolog I

Hallo mein Name ist Frank, ich möchte ihnen eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte deren Ausmaße an Veränderung, sie erst erkennen werden, wenn sie das Ende verstanden haben. Diese Geschichte hat aber kein wirkliches Ende, auch keinen wirklichen Anfang. Es erscheint einem unnatürlich auf den ersten Blick, es erscheint einem auch verwunderlich, aber vor allem hat es sich so zugetragen wie ich es ihnen in den folgenden Zeilen erzählen werde.

Es fing alles an einem lauwarmen Frühlingstag im Mai an. Der Wind strich leicht durch die Blätter der Bäume und das hohe Gras bewegte sich im Wind mit. Es muss etwa 19:30 Uhr gewesen sein, dass konnte ich wage feststellen, da ich beim verlassen der Wohnung das letzte mal auf die Uhr geblickt hatte und es 19:00Uhr war. Meist lasse ich bei einem Spaziergang meine Armbanduhr und mein Mobiltelefon zu Hause liegen, um vollkommen entspannen zu können, ganz zeitlos kann ich jedoch nicht sein, so merke ich mir die Zeit beim verlassen der Wohnung.

Die Sonne am Himmel senkte sich schon ein wenig, es war jedoch noch Hell genug und ich wusste es wird noch mindestens zwei Stunden lang hell bleiben, dass war meist so an diesen lauwarmen Tagen im Mai.

Der Feldweg auf dem ich mich bewegte kam mir vor wie einer dieser alten Wege den einst Bauern und Ritter beschritten um ihre Waren und Steuererhöhungen an den Mann zu bringen. Der grobkörnige Sand machte ein wohltuendes Geräusch unter den Füßen. Ich hob den Kopf und atmete tief ein. Hinter mir hörte ich Schritte, welche immer schneller auf mich zu kamen. Die Schritte wurden immer lauter, während ich mich gleichmäßig vorwärts bewegte. Bald hatten sie mich eingeholt und eine junge Dame überholte mich, sie hatte hübsche braune Haare, zumindest konnte ich das auf die Schnelle erkennen, auch wenn ich sie nur an mir vorbei laufen sah.

Dann geschah etwas Merkwürdiges, ich meine, dass erste Merkwürdige Ereignis, einer Aneinanderreihung merkwürdiger Ereignisse an diesem lauwarmen Tag im Mai.

Ich hörte das ticken einer Uhr. Das Geräusch schien direkt in meinem Ohr zu sein. Als würde man eine eine Armbanduhr, eine dieser alten Armbanduhren die man erst aufziehen muss, an sein Ohr heben, nur um zu testen ob sie noch funktionierte....

weiterlesen...

Prolog II
http://alethia-veritas.blogspot.com/2010/06/das-dunkel_28.html

Samstag, 15. Mai 2010

Ein Spiegel für Jeden

In einer kleinen Stadt lebten ein reicher Mann und ein Derwisch. Der Derwisch war dem reichen Mann nicht wohl gesonnen und wünschte ihm am liebsten dessen Tod. Als eines Morgens der Derwisch auf dem Weg zu seinen Schülern war, traf er den reichen Mann und grüßte ihn. Der reiche Mann sah den Derwisch mit herabfallenden Blick an und sprach in einem herabfallenden Ton: „Ich habe beschlossen, dir einen teuren Grabstein zu bestellen. Was meinst du? Sage mir, was für einer sollte er sein? Damit jeder, der deiner gedenkt, sich amüsiert."

Der Derwisch schaute den reichen Mann lange an und sagte lächelnd: „Mein Grabstein soll ein Spiegel sein, und darauf darf nichts geschrieben werden. Damit die, die meiner gedenken, sich darin sehen und mehr über sich und ihre Taten nachdenken!“

Der reiche Mann, verwirrt über die Antwort des Derwischs, wollte sich nichts anmerken lassen und setzte fort: „So wird keiner fuer dich beten, sondern sich im Spiegel anschauen.“

Der Derwisch, der über die Eitelkeit des reichen Mannes im Bilde war, erwiderte: „Die, die großen Stolz entwickeln, sind geistig blind und sehen nur ihr Spiegelbild und die, die meiner gedenken, werden Fragen über den wahren Sinn des Lebens stellen.“

Banafshe Tabatabi aus Theran, Iran

Sonntag, 11. April 2010

Die Geschichte von Mabsut

Mabsut war die Tochter Magdals, des Hundezüchters. Ein Schüler des Propheten, Muawija, nahm sie zur Frau und zog mit ihr nach Ägypten, dem Lande der Katzen.
Ein herrliches Haus erhielt Mabsut. Es hatte drei Gärten und acht Badstuben, ein reich geschmücktes Zimmer für jede Stunde des Tages. Unzählige Diener lasen Mabsut jeden Wunsch von den Augen. Muawija brachte seiner Frau jeden Tag schönen Schmuck nach Hause, Ohrringe, Halsringe, Fingerringe, und umsorgte sie auf alle Weise.
Aber Mabsut war unglücklich. Sie sehnte sich nach ihrer Heimat, der weiten Wüste zurück. Sie sang traurige Lieder:

"Oh, ihr zahmen Katzen dieses Landes,
ihr schmeichelt mir, ihr seid so freundlich -
doch tausendmal lieber ist mir ein Hund, der draußen bellt
und das Haus umkreist."

Ägypten Autor Unbekannt.

Samstag, 27. Februar 2010

Johann Wolfgang von Goethe - Der Fischer

Der Fischer

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach der Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor:
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.

Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht.
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?"

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.


(1779)